Aberglaube und Rituale im Theater
In der Welt der darstellenden Kunst gibt es zahlreiche abergläubische Vorstellungen aus früheren Zeiten, von denen der Erfolg der Aufführung angeblich abhängig ist. Die meisten dieser Regeln und Rituale sind heutzutage nur noch Aberglaube und selbst Vollblutschauspieler schmunzeln darüber.

Aber auf jeden Fall sollte jeder, der "die Bretter, die die Welt bedeuten“ betreten will, einmal davon gehört haben.

Respekt vor der „heiligen“ Bühne!
Aus diesem Grund darf man auf der Bühne weder essen noch trinken, außer wenn es das Stück verlangt. Ebenso darf auf der Bühne nur ein Hut getragen werden, wenn es zur Rolle gehört.

Einige Requisiten gelten als Unglücksbringer.
Man sollte darauf achten, dass kein echter Spiegel als Spiegel verwendet wird und dass Puppen, die zum Stück gehören, mit dem Gesicht nach unten auf dem Requisitentisch gelagert werden sollten, weil in ihnen poltergeistähnliche Kreaturen leben könnten, die sonst durch deren Augen ins Freie schlüpfen könnten.
Stricknadeln sollen vermieden werden. Möglicherweise deswegen, weil sie sich in den Kostümen verfangen könnten oder die mystische Erklärung, dass die Schicksalsgöttinnen Stricknadeln nutzen um ein Netz zu produzieren, in dem sich die ganze Produktion verfangen kann.
Krücken, als Zeichen von Krankheit und Versagen sind verboten, Spazierstöcke, als Zeichen von Gesundheit und Erfolg, erlaubt. Offenes Licht auf der Bühne bringt Unglück. Wahrscheinlich ist dieser Aberglaube aus früheren Brandschutzgründen entstanden. Pfauenfedern gehören nicht auf die Bühne, denn ihre Augen werden mit dem Bösen Blick in Verbindung gebracht.
Der Aberglaube verbannt auch Vasen mit frischen Blumen, als Unglücksbringer, aus der Bühnendekoration. Wahrscheinlich deshalb, weil sie umstürzen könnten und dadurch den Bühnenboden nass und rutschig machen würden.
Erlaubt ist im Gegenzug dazu das Tragen von Blumen an der Kleidung, z.B. am Revers, vorzugsweise eine Chrysantheme, aber natürlich niemals eine gelbe!
Blumen nach der gelungen Premiere wiederum gehören zur Theatertradition und stellen eine Wertschätzung der Leistungen dar. Allerdings sollten sie niemals vor der Premiere an Schauspieler oder Regie überreicht werden, sonst verkehrt sich das Glück ins Gegenteil, dann sind sie ein Omen des Versagens.

Eine Generalprobe mit Pannen bedeutet, dass die Premiere gut gelingen wird.
Entbehrt nicht einer gewissen psychologischen Grundlage, da sich am Ende der Probenarbeit leicht Fehler durch unkonzentrierte Arbeit, infolge sich einstellender Routine, einschleichen. Unter Anspannung bei der Premiere bessert sich dieses wieder, während die Routine bleibt. Obwohl die Generalprobe nicht selten vor Publikum stattfindet, sollte man am Ende des Stückes nicht applaudieren, weil das Unheil bringt.
Ebenfalls verpönt ist es, in der Generalprobe die letzte Textzeile des Stücks vorzutragen. Durch den noch zugezogenen Vorhang hinauszuspähen, soll unglückliche Folgen haben.
Auch wird es als schlechtes Omen für die bevorstehende Vorstellung gedeutet, wenn sich der erste Zuschauer, der den Theatersaal betritt, in die erste Reihe setzt. Besonders wenn es sich dabei um eine alte oder rothaarige Frau handelt.

In vielen Theatern glaubt man daran, dass das Haus einen „Theatergeist“ hat.
Den Theatergeistern sollte man das sogenannte Geisterlicht im menschenleeren Theater brennen lassen. Dieses Geisterlicht dient dazu, die Bühne und den Saal ausreichend zu beleuchten, damit die Theatergeister ihre Aufführungen bewerkstelligen und ihre großen Momente noch einmal auf die Bühne bringen dürfen. Theatergeister  können wohl im Stockfinsteren nichts sehen.

Damit die Geister auch genügend Zeit haben, muss mindestens ein Tag in der Woche - vorzugsweise der Montag - theaterfrei sein.

Vor der Aufführung darf nicht „Viel Glück“ gewünscht werden.
Denn die Theatergeister wenden gerne Wünsche ins Gegenteil um.
Stattdessen wird „Toi Toi Toi“ (steht für „Teufel, Teufel, Teufel“) gewünscht.
Dabei ist es üblich, dass die Schauspieler untereinander ein dreimaliges Spucken über die linke Schulter andeuten um den Teufel zu verscheuchen.

Auf keinen Fall darf man sich daraufhin bedanken!
Man antwortet z.B.  „Hals und Beinbruch“ oder „Wir schaffen das!"

Aber niemals: „ Danke“

Auch das dient dazu die Theatergeister zu verwirren, damit sie nicht wissen, was sie tun sollen.

Eine der verbreitetsten Regeln lautet, dass man im Theater nicht pfeifen darf.
Dafür kursieren zwei Erklärungen. Die eine besagt, Pfeifen deutet auf einen Brand hin. Dieser Aberglaube kommt aus der Zeit, als es noch Gasleuchter im Theater gab. Ein pfeifender Ton der Leuchter wies darauf hin, dass Sauerstoffmangel herrschte.
Eine andere Erklärung ist, dass sich früher die Bühnentechniker (oft ehemalige Seemänner) per Pfiff verständigten. Wenn aber nun ein Schauspieler pfiff, konnte es passieren, dass plötzlich ein anderes Bühnenbild eingestellt wurde.

Sprich niemals „Macbeth“ aus!
Innerhalb eines Theaters (vor allem im englischsprachigen Raum) ist es absolut verboten den Namen „Macbeth“ zu nennen oder es generell in einem Gespräch über Theater zu erwähnen, sonst beschwört man großes Unglück auf sich herab. Das Unglück wird natürlich ungleich größer, wenn man sich dazu hinreißen lässt, Teile des Stückes zu rezitieren. Speziell die Szenen mit den drei Hexen gelten dabei als besonders gefährlich.
Dieser Aberglaube rührt wohl auch daher, dass es in der Vergangenheit einige Unfälle bei den Kampfszenen auf der Bühne gab.

Zum positiven Aberglaube zählt im Theater die schwarze Katze, oder allgemein Katzen.
Sie gelten als Glücksbringer.
Wahrscheinlich weil sie die Mäuse aus dem Kostümfundus vertrieben.

Selbst wenn die meisten dieser Regeln reiner Aberglaube ist, so werden einige  auch noch heutzutage in der Theaterwelt sehr ernst genommen. In vielen Landes- und Privattheatern werden folgende immer noch beachtet:
1. Das Hutverbot
2. Das Essens- und Trinkverbot
3. Das „Viel Glück“ und „Danke“ Verbot
4. Das Pfeifverbot
5. Das „Macbeth“ Verbot

Also Vorsicht bei Theaterbesichtigungen!!!
Aber was, wenn man doch einmal versehentlich in ein solches Fettnäpfchen treten sollte? Folgendes Ritual soll angeblich die Theatergeister wieder milde stimmen:
Dreimal um das Theater herumlaufen, oder falls das nicht möglich ist,

dreimal um die eigene Achse drehen und anschließend dreimal auf Holz klopfen.

 

(zusammengetragen von Ralf Wegert)